Grundschule Harheim & Burgfestspiele Bad Vilbel

SEIT: 2019/20
ANSPRECHPARTNER*IN:
Sonja Grillenmeier
Ruth Schröfel

Projekt 2021

Seit mehreren Jahren sind die Burgfestspiele Bad Vilbel ein Teil der TUSCH-Gemeinde in Frankfurt am Main. Zunächst begleiteten sie die Harheimer Grundschule und nach den erfolgreich verlaufenen drei Jahren erhielten die Berkersheimer Grundschüler*innen mit Andreina Conti eine erfahrene Theaterfrau!
Der Förderverein der Burgfestspiele unterstützt das Projekt mit einem Honorarzuschuss und die Burgfestspiele stehen für infrastrukturelle wie dramaturgische Unterstützung zur Verfügung.

Nun wurden die theaterbegeisterten und engagierten Schüler*innen und Lehrerinnen (sic!) der Berkersheimer Grundschule von Corona jäh gestoppt, mitten im Lauf des zweiten Jahres. Doch wenn Theater obendrüber steht, muss der Vorhang irgendwie hochgehen. Daher hat Frau Conti eine wunderbare und nachahmenswerte Konzeption entwickelt, wie man Kinder ans Theater heranführen kann, ohne realen Kontakt zu haben. 

Pinocchio to go verbindet sehr charmant Altmodisches wie Briefeschreiben mit den modernen Mitteln der Darstellung mittels Film. Die Kinder erhalten mit liebevoll gestalteten Briefen per Post incl. Briefmarke Anregungen, im ersten Brief wird ihnen eine Auswahl der Kapitel vorgelegt, sie antworten  und im zweiten Brief erhalten sie die Aufforderung, sich selbst zu überlegen, wie sei einzelne Szenen der Geschichte Pinocchio darstellen würden. Die Theaterpädagogin entwirft jeweils auf die Wahl der Kinder abgestimmte Theatersets. 

Zum einen erleben die Kinder das Prozesshafte sehr deutlich, weil es keine direkten Begegnungen und Antworten gibt, zum anderen wird ihnen im wahrsten Sinne des Wortes vor Augen geführt, dass eine Bestimmung des Theaters ist, Geschichten zu erzählen und dass es alle möglichen Arten des Erzählens gibt. Die Multiperspektivität dieser Herangehensweise ist ebenfalls ein Grundprinzip unseres Verständnisses von Theater. Was fehlt, ist sicher die körperliche Präsenz auf und vor der Bühne, das gemeinsame Atmen zur gleichen Zeit am gleichen Ort – trotzdem sehen wir das Projekt keinesfalls als Notlösung, vielmehr eine aus der Abwesenheit von Normalität gefundene Spielart, um Kommunikation stattfinden zu lassen. Wir hoffen natürlich auf die Zusammenführung unter anderen Vorzeichen, dann geht die Geschichte von Pinocchio eben einfach weiter – auf der Bühne mit einem Ensemble aus Expert*innen des Pinocchio-Stoffes. 

Pinocchio to go
2021
KRISENKOMPATIBLES TUSCH-PROJEKT

Wir leben im Januar 2021. Nun haben wir lange das Hin und Her der Öffnungen und Schließungen und dann wieder Halb-Öffnungen der Schulen miterlebt, bedingt durch die allgegenwärtige Gesundheitskrise.

Wir haben gehofft, dass sich die Dinge ändern, dass mit der Zeit ein Miteinander wieder möglich wird. Doch vorerst eher nicht.

Als Theaterschaffende habe ich, nach einem ersten Moment des Innehaltens, Ideen ausgearbeitet, um in Zeiten der sozialen Distanz einen Hauch von Theater bei den Kleinen unserer Gesellschaft ankommen zu lassen.

Das TUSCH-Projekt an der Grundschule Harheim, das in seinem dritten Jahr ist, legt ein grundlegendes neues Gewand an, um nicht dauerhaft in Wartestellung stehenzubleiben.

Das neue Projekt trägt den Titel Pinocchio To Go und sieht das Märchen Pinocchio von Carlo Collodi als literarische Vorlage vor.

Angeboten wird das Projekt den zwei Schulklassen, die in den vergangenen Jahren an den TUSCH-Projekten teilgenommen haben und somit eine gewisse Theaterexpertise haben.

Konzept

Den Kindern werden Aufgaben zur theatralen Gestaltung von kurzen Szenen gestellt, die sie, unter Anleitung und Unterstützung der Theaterpädagogin, vorwiegend selbständig oder mit eineR Schulfreund*in zuhause realisieren können. Das Ergebnis ihrer Arbeit wird aufgezeichnet. Die filmisch oder je nach Möglichkeit unterschiedlich festgehaltenen Beiträge werden anschließend collagiert und für eine abschließende filmische Vorführung bereitgestellt (TUSCH-Spektakel).

Eine solche Arbeit wird den Kindern zugutekommen: „To-go“ kann der Film überall auf eigenen Geräten gesehen und Freund*innen gezeigt werden. Das bedeutet ein handfestes Ergebnis der Auseinandersetzung mit dem Theater.

Sollte sich in den nächsten Monaten (noch vor Juni, wenn das TUSCH-Spektakel 2021 stattfindet) die Lage im Gesundheitsbereich entspannt haben und Theaterarbeit in gewohnter Weise wieder möglich werden, so kann der Film durch darstellende Elemente bereichert werden.

Durchführung

Die Kinder bekommen auf postalischem Weg haptisch fühlbare Briefe an ihr Zuhause geliefert, aus gutem Papier und mit reizvollen bunten Bildern aus der Pinocchio-Geschichte.

Im ersten Brief bekommen sie eine Menükarte, wie wir sie aus dem Lieferservice der Gastronomie kennen. In diesem Menü enthalten sind die Titel der einzelnen Kapitel aus der Pinocchio-Geschichte, samt Kurzbeschreibung des Inhalts.

Die Kinder dürfen sich aus dem Menü ein oder zwei Kapitel wünschen und teilen dies der Theaterpädagogin mit (via Post oder Telefon oder E-Mail).

Im zweiten Brief bekommen die Kinder ein Theaterset, das unterschiedliche Gegenstände enthält und die allesamt das gewünschte Kapitel betrifft (z.B. die literarische Vorlage aus dem Kapitel; ein Papiertheater in Miniatur; verschiedene Anreize zum Selberbasteln von dazu passenden Fingerfiguren, Requisiten, Bühnenelementen und Ähnliches).

In diesem zweiten Schritt werden die Kinder dazu eingeladen, die im Kapitel enthaltene Episode theatralisch selbst zu entwerfen und darzustellen; dazu können sie die Elemente, die bekommen haben, nützen oder auch selbst erdachte Hilfsmittel herstellen und einbringen.

In einem dritten Schritt kontaktieren die Kinder nun die Theaterpädagogin, um das Ergebnis ihrer Arbeit abzugeben. Das bedeutet, dass die Kinder ihre Arbeit selbst filmen werden. Inwieweit das möglich ist, wird sich zeigen.

Selbstverständlich können sich die Kinder jederzeit an die Theaterpädagogin wenden, die Theaterpädagogin kann die einzelnen Kinder zuhause besuchen bzw. mit ihnen einige Szenen im Außenbereich begleiten und filmen.

Hier werden wir flexibel reagieren auf das, was möglich gemacht werden kann.

TUSCHpektakel 2021

„Das Theater verschwindet, der Film beginnt“ so der Auftakt des Videos der Harhei­mer Grundschüler*innen: Die Abenteuer des Pinocchio, nach Carlo Collodi. Mit dieser reich illustrierten Geschichte, oder vielmehr den Geschichten von 1883 haben sich die Kinder be­schäftigt; einzeln oder zu zweit mit jeweils einer Episode. Die Künstlerin hat mit Holz- und Playmobilfiguren, Zeichnungen, eingeblendeten Texten, Puppen, Comicelementen, Kasperl-Theater, toller Musik, die eigens dafür komponiert wurde und natürlich den Kindern selbst eine wunderbare Filmcollage mit absolut „cooler Filmsprache“ erstellt. Im professionellen Abspann sind alle Mitwirkenden dann noch mit Bild und Namen aufgeführt. Die genialen Ideen und die Vielfalt der filmischen Erzählungen sind auch in der Nachbesprechung als Erstes genannt worden.

Projekt 2022

Mit Corona hat sich das Konzept grundlegend verändert, andererseits ist das Theaterspielen für die Kinder in diesem Format spielerischer und offener geworden. Nach „Pinocchio to go“, dem Theater-Spiel-Film der Schüler*innen aus dem vergangenen Jahr, möchte die Partnerschaft diese erfolgreiche ‚andere‘ Theater-spielform weiterentwickeln. Wieder erhalten die Kinder aus der zweiten, dritten und vierten Jahrgangsstufe auf postalischem Weg Briefe, in denen sie aufgefordert werden, sich eine Szene auszudenken, die an den Film SOUL angeknüpft ist, der 2020 als bester Animationsfilm gefeiert wurde und den alle gemeinsam schauen werden. Als Themen bieten sich an: Gibt es eine Seele, die unabhängig vom Körper existiert? Was bedeutet das für das Davor und das Danach des irdischen Lebens? Was spricht die Kinder hier an? Auf dieser Grundlage entwickelt sich eine Korrespondenz, die – vielleicht gemeinsam – zu einem eigenen Theaterstück zusammengefügt wird. Die Kinder wählen, mit welchem Mittel sie ihre Gedanken äußern: schreiben, zeichnen, tanzen, spielen, erzählen. Das Thema sucht sich seinen Ausdruck, je nach den Bedürfnissen der Einzelnen. Die Zusammenführung wird bunt und vielfältig sein, die Idee von Theater wird aufgegriffen und über die eigenen „Geräte“ dem Publikum gezeigt.

TUSCHpektakel 2022

Am Donnerstagvormittag begann die Kooperation im vierten Jahr zwischen der Grundschule Harheim & den Burgfestspielen Bad Vilbel mit einem Film, der sich mit dem Jetzt und dem „Davorseits“ auseinandersetzte. Gibt es eine Seele, die unabhängig vom Körper existiert? Was bedeutet das für das Davor und das Danach menschlicher Existenz? In Anlehnung an den preisgekrönten Animationsfilm von 2022 SOUL von Pete Docter beschäftigten sich die Kinder der Theater-AG Jg. 2-4 mit den Fragen nach der Seele. Fest steht nun: Es gibt einen Ort, an den die Seelen der Menschen kommen, wenn sie unglücklich sind, weil sie etwas nicht verstanden haben. Dort bekommen sie auch ihren Charakter zugeteilt (z.B. hilfsbereit, schnell reizbar, größenwahnsinnig und großzügig) sowie ihre Fertigkeiten (z. B.: Kochen, Sport und Musik). Das alles wird theatral dargestellt; es scheint so, als hätten die Seelen ei­nen „button“: wenn der voll ist, dürfen sie auf die Erde. Die „Seelenfabrikation“ war äußerst vielfältig und kleinschrittig dargestellt, Musik und Tanz (Macarena) unterstützen das phanta­sievolle Spiel. Der Clou: Am Ende springen die „fertigen“ Seelen (jetzt im Film als zwei Schü­ler) mit einem Seil auf die Erde, dort geht es dann wieder filmisch weiter.